Predigt über Jesaja 53,1-12 Innere Heilung unserer Krankheit Karfreitag 2021
Wer glaubt dem, was uns verkündet wurde, und wem ist der Arm des Herrn offenbart? Er schoss auf vor ihm wie ein Reis und wie eine Wurzel aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und Hoheit. Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet.
Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.
Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg. Aber der Herr warf unser aller Sünde auf ihn. Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund nicht auf. Er ist aus Angst und Gericht hinweg genommen. Wer aber kann sein Geschick ermessen? Denn er ist aus dem Lande der Lebendigen weggerissen, da er für die Missetat meines Volks geplagt war. Und man gab ihm sein Grab bei Gottlosen und bei Übeltätern, als er gestorben war, wiewohl er niemand Unrecht getan hat und kein Betrug in seinem Munde gewesen ist. So wollte ihn der Herr zerschlagen mit Krankheit. Wenn er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, wird er Nachkommen haben und in die Länge leben, und des Herrn Plan wird durch seine Hand gelingen. Weil seine Seele sich abgemüht hat, wird er das Licht schauen und die Fülle haben. Und durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte, den Vielen Gerechtigkeit schaffen; denn er trägt ihre Sünden. Darum will ich ihm die Vielen zur Beute geben, und er soll die Starken zum Raube haben, dafür dass er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleichgerechnet ist und er die Sünde der Vielen getragen hat und für die Übeltäter gebeten.
Liebe Gemeinde,
1. Unbekannte Lasten
Was schleppen wir manchmal an Lasten mit uns herum. Damit meine ich nicht sichtbare Lasten. Oft genug schleppen wir Lasten mit uns herum, die keiner sieht, die vielleicht sogar uns selbst nicht bewusst sind. Aber wir
Möglicherweise fühlen wir uns schuldig, fühlen uns unsicher, sind neidisch auf andere und überhaupt mit dem Leben so wie wir es momentan durchleben, sind wir unzufrieden. Lauter emotionales Gepäck schleppen wir da mit! Viele Menschen sind überladen mit Sorgen, müde von der Arbeit und ausgepowert über fehlgeschlagene Planungen. Wie ist es da möglich mit dem Leben zufrieden zu sein? Wie kann man da glücklich sein oder wenigstens zufrieden sein mit seinem Leben, wenn man sich ständig nur abmüht und durchschleppt durchs Leben?
Wenn Menschen innere Lasten zu schleppen haben, haben sie oft auch körperliche, psychosomatische Beschwerden. Sie sind immer unruhig, haben ständig Schmerzen, können sich nicht mehr entspannen. Sie brauchen dringend Hilfe.
Es gibt Zeiten, da geht es mir ganz genauso. Ich schleppe mich mit etwas ab. Etwas plagt mich. Aber wenn ich mich nach meiner Last frage, kann ich sie nicht benennen. Ich weiß dann nur, etwas drückt mich, plagt mich. Ich bin mit einer Last beladen, die ich möglicherweise nicht benennen kann.
Liegt es daran, dass wir es gewohnt sind, beladen zu sein? Lieben wir so sehr die Krankheit und den Schmerz? Warum ist es nicht möglich unsere Last einfach abzulegen?
Zum einen wohl, weil wir sie vergessen haben. Wir haben die Last, die auf uns liegt, verdrängt. Die Last auf Dauer zu spüren, ist ja auch schmerzlich. Und vielleicht hat die Last, die wir tragen, auch mit Schuld zu tun. Zum anderen werden wir die Last nicht so einfach los, weil wir daran gebunden und verstrickt sind.
So gibt es eine bekannte Seite von uns und eine auch für uns selbst unbekannte Seite. Nach außen hin lassen wir uns möglichst nichts anmerken, dass es auch noch eine andere Seite an uns gibt, die wir als Last und Mühsal empfinden.
Wie ist das mit der Last? Möchte Gott, dass wir mit schwerer Last auf dem Rücken ständig herumlaufen? Ist sein Lebensziel mit uns Erschöpfung?
Es gibt wohl Christen, die das glauben. Sie denken, wenn du dich Gott anvertraust, dann wird er dir den Rest deines schönen Lebens wegnehmen. Du musst dein Ich aufgeben, Dich aufopfern und Gott packt dich mit Anforderungen so voll, dass du am Ende überfordert bist.
In Jesaja 53 wird ein solcher Mensch beschrieben: Alles Schöne und Liebenswerte wurde ihm genommen: Dieser Mensch ist am Ende, musste sich aufopfern:
In Jes. 53,10 steht: “Der Herr wollte ihn leiden lassen und zerschlagen.“ Und in Vers 4-5: “In Wahrheit hat er die Krankheit auf sich genommen, die für uns bestimmt war und die Schmerzen erlitten, die wir verdient hätten. Er wurde verwundet, und wir sind heil geworden.“
Das klingt in meinen Ohren furchtbar. Zunächst ist es ja ein Gottesknechtslied in der hebräischen Bibel von einem unbekannten Gottesknecht, dem eine furchtbare Last auferlegt worden ist. Wollte Gott diesen unbekannten Menschen wirklich leiden lassen und zerschlagen? Wie kann dieser unbekannte Mensch die Krankheit, die uns bestimmt war, auf sich nehmen. Wie kann er die Schmerzen, die wir verdient hätten, selber erlitten haben?
Wer ist dieser Mensch voller Krankheit und Schmerzen? Vielleicht eine einzelne Gestalt, der Prophet selber, vielleicht das Volk Israel, das im Exil Schlimmes durchmachen musste. Wir wissen es nicht.
Später ist dann diese Aussage über den unbekannten Gottesknecht von den frühen Christen auf Jesus übertragen worden: Sie schauen auf Jesus, den Gekreuzigten und sagen: Ja, genau das trifft auch auf Jesus zu: Was über den unbekannten Gottesknecht in Jesaja ausgesagt wird, wird auch über unseren Jesus ausgesagt:
“ Der Herr wollte ihn leiden lassen und zerschlagen.“
“In Wahrheit hat er die Krankheit auf sich genommen, die für uns bestimmt war und die Schmerzen erlitten, die wir verdient hätten. Er wurde verwundet, und wir sind heil geworden.“
Schnell sind wir dabei, von unseren Traditionen und Überlieferungen her bestärkt, mit einzustimmen: Ja, genau: Als Jesus am Kreuz hing, wollte Gott ihn zerschlagen und leiden lassen. Und am Kreuz, fürwahr trug er unsere Krankheit, lud auf sich unsere Schmerzen.
Inzwischen frage ich mich aber: Wollte das Gott wirklich, dass Jesus am Kreuz zerschlagen wurde? Wollte Gott wirklich Jesus leiden lassen? Wollte Gott wirklich, dass er am Kreuz unsere Lasten trägt und nicht wir?
Ist Jesus für uns gestorben?
Ich will denen unter uns, denen dieser Satz lieb und vertraut ist, nicht wegnehmen., ist. Wenn dieser Satz, dass Jesus am Kreuz für uns gestorben, dir gibt Trost und eine echte Hilfe ist, frei zu werden, von dem, was dich gerade niederdrückt, bin ich der letzte, der dir das wegnehmen will.
Ich will aber denen unter uns, denen dieser Satz zunehmend fremd geworden ist, weiterführen in einen anderen Raum, in dem ganz neu darüber nachgedacht werden kann: Wie ist es, wenn ich so beladen bin, wie kann ich frei werden? Wie ist es, wenn ich mich krank fühle, wie kann ich wieder heil werden?
Im Jesajatext ist ja von einer Krankheit ist die Rede. Er trug unsere Krankheit. Wie kann man die Krankheit eines anderen tragen? Geht nicht. Aber die Krankheit mit einem anderen Menschen teilen, das geht. Er trug die gleiche Krankheit wie wir.
Was macht uns krank? Was macht mich krank?
Mich macht krank, wenn ich selber mir manches vorhalte, was für mich schwer wiegt. Oder auch das macht mich krank, wenn ich mir von anderen etwas vorhalten lassen muss, was ich als schwerwiegend und niederdrückend empfinde.
Was Menschen, die über ihn urteilten, Jesus vorgehalten haben, das war ebenfalls für ihn schwerwiegend, niederdrückend: „Du lästerst Gott, in der Art und Weise, wie du deinen Glauben lebst! Für dich ist kein Platz auf dieser Welt!“ Das macht krank.
Mich macht krank, wenn ich mir ständig etwas vorwerfe oder vorwerfen lasse, selbst wenn es nicht stimmt. Mich macht krank, wenn ich auf meine Schuld festgenagelt werde.
Jesus wurde buchstäblich am Kreuz festgenagelt. Und darüber wurde ein Anklageschild genagelt: König der Juden wollte er sein, dieser Jesus, ein Aufrührer und Rebell. Festgenagelt auf etwas, was er gar nicht sein wollte. Das macht krank.
Mich macht krank, wenn wir es nicht aushalten, dass wir alle miteinander nur Menschen sind: wir sind unvollkommen, fehlerhaft, manchmal auch boshaft und in manchem können wir mehr als abgrundtief böse sein – ich selber auch. Und das zu erfahren und zu erleiden, macht mich krank.
Jesus erleidet diese Abgründe menschlichen Daseins. Die Bosheit und das abgrundtiefe Bösesein seiner Mitmenschen tobt sich an ihm aus. Das macht krank.
Fürwahr, er trug unsere Krankheit.
Unsere Krankheit. Das Wort unser verweist auf die soziale Struktur einer Krankheit. Ich bin nicht für mich allein krank. Das soziale Umfeld, das Miteinander kann krank machen. Jesaja weiß davon, wenn er von unserer Krankheit spricht, wie sehr Schuld einen Menschen krank machen kann und wie tief hinein dabei die Schuld in die sozialen Strukturen unseres persönlichen Lebens hineinverwoben ist. Wir sprechen z.B. von der manchmal krankmachenden Arbeitswelt, oder von krankmachende Beziehungen.
„Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen.“
Von Schmerzen ist auch die Rede beim Gottesknechtlied: Er lud auf sich unsere Schmerzen.
Viele von uns wissen, was körperliche oder psychische Schmerzen sind, leiden vielleicht selber darunter oder haben Angehörige, bei denen sie hilflos zuschauen müssen. Wir erfahren den physischen und psychischen Schmerz in unterschiedlichster Weise: den Schmerz, wenn du Abschied nehmen musst von einem dir vertrauten Menschen; den Schmerz im Erleiden einer unheilbaren Krankheit; den Schmerz, wenn du das Gefühl hat, allein gelassen zu sein, den Schmerz der Einsamkeit im Alter; den Schmerz in den Verletzungen, die uns zugefügt werden. Oder der Schmerz im schreiendem Unrecht, dem wir uns hilflos ausgeliefert fühlen; der Schmerz in unzähligen Verlusterfahrungen. All das schmerzt.
Wir müssen nicht an einem Kreuz hängen, um dem Schmerz ausgesetzt zu sein. Wir müssen nicht selbst gekreuzigt sein, um uns mitten im Leben gekreuzigt zu fühlen, aufs Kreuz gelegt. Im Schrei Jesu am Kreuz drückt sich unser ganz Schmerz aus, ja der Schmerz einer ganzen geschundenen Menschheit und Schöpfung.
Schmerz und Krankheit – daran haben wir alle in irgendeiner Weise zu tragen. Und wir alle sehnen uns nach Heilung, innerer und äußerer Heilung.
Kann der Tod Jesu Heil bringen in dem Sinn, dass er zur eigenen inneren Heilung beiträgt?
Wo Krankheit ist, kann eine innere Heilung geschehen: Gott kann aus einem Leiden, das sonst sinnlos wäre, etwas Gutes entstehen lassen. Diese Erfahrung haben Menschen zu allen Zeiten gemacht und daran möchte auch ich festhalten: Gott kann aus dem Leiden von Menschen Gutes entstehen lassen:
Dietrich Bonhoeffer schrieb aus dem Gefängnis heraus:
„Ich glaube,
dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten,
Gutes entstehen lassen kann und will.
Dafür braucht er Menschen,
die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.
Ich glaube,
dass Gott uns in jeder Notlage
so viel Widerstandskraft geben will,
wie wir brauchen.
Aber er gibt sie nicht im voraus,
damit wir uns nicht auf uns selbst,
sondern allein auf ihn verlassen.
In solchem Glauben müsste alle Angst
vor der Zukunft überwunden sein.“
Müsste. Bonhoeffer ist selbst unsicher, ob tatsächlich alle Angst vor der Zukunft überwunden ist, wenn wir nur glauben.
Noch einmal meine Frage: Kann der Tod Jesu Heil bringen, dass er zu unserer inneren Heilung beiträgt?
Er müsste es jedenfalls. Er könnte es, wenn wir Gott nur genug Vertrauen entgegenbringen, dass Gott es gut mit uns meint.
Heil und innere Heilung hat Jesus schon zu Lebzeiten den Menschen gebracht, indem er den Menschen gezeigt hat: Gott ist gut zu dir. Da hat er es bewiesen: Gott ist gut zu dir, er kann dich heilen innerlich und äußerlich. Und dazu ist Jesus gekommen, sagt Jesus, den Menschen Heil und Heilung zu bringen. Zu den Mühseligen und Beladenen sieht sich Jesus gesandt. Wie einen Arzt sieht er sich, den zwar nicht die Gesunden brauchen, aber umso mehr die Kranken.
Aber nun ist er selber krank und elend am Kreuz hängend. Er ist nicht mehr Arzt und Heiler, der andern helfen kann. „Steig herunter und hilf dir selber!“ spotten sie über ihn. Ein Arzt, der sich und anderen nicht mehr helfen kann. Kann von einem solchen hilflosen Helfer Heil und Heilung kommen?
Allein mit dem Tod am Kreuz sicher nicht. Das Kreuz durchkreuzt Jesu heilende Sendung. Ganz abrupt wurde damit seine Mission, seine Sendung gestoppt, den Mühseligen und Beladenen Arzt und Helfer zu sein. Nun stirbt Jesus selbst den Tod von uns Mühseligen und Beladenen. Was Heil war, hat sich in Unheil verkehrt. Was in ihm heil war, ist zerbrochen. Auf ihn liegt sogar ein Fluch, sagt Paulus.
Die Strafe liegt auf ihn, damit wir Frieden hätten, heißt es im Gottesknechtlied Jesajas.
Wer straft da Jesus? Gott? Nein, ganz bestimmt nicht. Ich kann es mir nicht vorstellen, dass sich am Kreuz ein zorniger Gott austobt. Wenn einer straft, dann sind es wir Menschen. Was wir einander antun, manchmal wissentlich, oft unabsichtlich, das ist unsere Strafe. Die Konsequenz, die Folgen unseres manchmal so abgrundtief boshaften Lebens, hatte Jesus zu tragen.
Es ist der Hass und die Wut von Menschen, die ihm damals den Tod eingebracht haben. Es ist die Grausamkeit, zu der wir Menschen fähig sind, die ihm Nägel ins Fleisch getrieben haben. Es ist das Unheil, das Menschen aus welchen Gründen auch immer dazu bringt, den Menschen nicht mehr Mitmensch sein zu lassen, was Jesus das Unheil einbringt All das trägt er, erträgt er bis zum Schluss.
Und seitdem bist du mit deiner Last, deinem Unheil, deiner Krankheit nicht mehr allein Wir müssen unsere Lasten nicht alleine tragen. Schau auf ihn, er trägt die gleiche Last wie wir dort am Kreuz.
Ein jüdisches Sprichwort besagt: „Wer einen Menschen rettet, rettet die ganze Welt!“ Umgekehrt kann ein Mensch die ganze Welt retten. Symbolisch trägt dieser eine Mensch die Last der ganzen Welt. Stellvertretend für alle trägt dieser eine Mensch diese Last.
Er wäre darunter zusammen gebrochen, genauer gesagt: er ist darunter zusammengebrochen. Kein Mensch kann diese Last der gesamten Welt tragen. Auch Jesus nicht. Darum ist er zusammengebrochen. Und war am Ende. Am Ende war nur sein Schrei, der Schrei stellvertretend für den Schrei der geschundenen Menschheit.
Und nur weil Gott ihn wieder auferweckt hat, ihn wieder ins Recht gesetzt hat, kann er als gekreuzigter und auferstandener Herr uns Heil bringen. Wir dürfen unter seinem Kreuz alles abladen, was uns belastet. Wir brauchen unsere Lasten nicht alleine tragen.
Merken Sie in Ihrem Leben davon, dass Sie Ihre Last nicht dauernd selber herumschleppen müssen? Leider merke ich selber manchmal wenig davon, was mich angeht. Oft genug verhalte ich mich so, dass ich glaube ein besserer Christ zu sein, je mehr ich an Belastung trage und spüre. Ich habe das bis in meinen Körper hineingetan, gemeint, alles selber schleppen zu müssen.
Im Bild gesprochen: Unser Leben gleicht manchmal einem Eisberg. Da ragt etwas sichtbar aus dem Wasser, die Spitze des Eisberges. Bei den einen ist diese Spitze des Eisberges so groß, dass sie nicht zu übersehen ist. Bei den anderen ist die Spitze des Eisberges winzig, leicht zu übersehen. Aber was viele übersehen: Unter der Wasseroberfläche in den Tiefen des Lebens verbirgt sich mehr: Manchmal sind es riesige Lasten, die wir unter den Tiefen des Lebens verborgen halten. Oft genug ist es uns gar nicht bewusst, was sich da unten in uns verbirgt.
Es braucht uns nicht zu wundern, wenn wir möglicherweise das Leben als Riesenlast empfinden, obwohl doch oberfläch-lich gesehen nur wenig Eis zu sehen ist. Möglicherweise ist es nur die Spitze vom Eisberg. Möglicherweise schleppen wir uns mit den richtig großen Lasten in den Tiefen unserer Seele ab.
Aber auch das müssen wir nicht. Wir können eines tun: Gott heranlassen an den Eisberg in unseren Tiefen. Das bedeutet Heilung: Alles in mir Zerbrochene Gott hinhalten. Egal ob ich es zerbrochen habe oder andere in mir: Gott hinhalten, damit er es heilen kann.
Oder im Bild des Eisberges: Heilung bedeutet, sich der heilenden Wärme und Liebe Gottes immer und immer wieder auszusetzen, bis das Eis schmilzt, bis sogar ein ganzer Eisberg schmilzt, auch das Eis in meinen Tiefen.
Es dürfte klar sein, dass Heilung nicht von heute auf morgen geschieht, dass Heilung Zeit braucht. Gott richtet das in mir Zerbrochene so gut wie möglich wieder her. Heilung bedeutet aber auch, dass die Macht der Zerbrochenheit von Gott gebrochen wird und du frei wirst von der Macht von Sünde, Krankheit und anderen Todesmächten, die dich beherrschen wollen. Bis wir wirklich frei und heil geworden sind, bis wir eine neue Schöpfung geworden sind, das kann dauern,
Was kann uns heilen? Es ist letztlich die bedingungslose Liebe Gottes, die alles, was in uns erstarrt und wie tot ist, wieder zu neuem Leben erwecken kann.
Ach, wenn du es doch bloß fassen könntest,
wie tiefgehend diese Liebe Gottes ist,
dann würdest du es tief in dir drinnen spüren, wie sehr du geliebt bist von Gott!
Du fragst dich, wie das zusammenpasst, Dein Schicksal, deine Schicksalsschläge, deine Krankheiten, das was du gerade durchmachst oder durchgemacht hast, wie das zusammen passt mit einem gütigen, liebenden Gott?
Schau auf den einen, der genauso fragend am Kreuz hängt.
Du zweifelst, dass da ein Gott ist, der dich lieben kann?
Du meinst du, du hast schon zu viel durchgemacht, dein Herz ist schon zu verschlossen für diesen Gott?
Vertraue darauf. Gott ist da in allem Leid, in aller Krankheit und allem Schmerz ist Er da und seine Liebe geht tief genug, um dich in den Tiefen deines Herzens zu erreichen.
Glaub mir, Gottes Liebe ist unglaublich heilsam für deine Seele
Aus dieser heilsamen Liebe Gottes ist auch Jesus am Kreuz nicht herausgefallen. Und auch, wir, ganz egal welche Last uns belastet, ganz egal welche Krankheit, welches Leid, welche Schuld auf uns lastet, ganz egal, welcher Schmerz uns quält, auch wir fallen nicht aus dieser heilsamen Liebe Gottes. Und je länger wir dieser Liebe ausgesetzt sind, desto eher geschieht Heilung und Versöhnung.
Es gibt besondere Zeiten für Heilung. Gott handelt dann sehr intensiv. Heilung ist aber auch ein lebenslanger Prozess. Der vielleicht noch intensiver ist. Wir werden hineingenommen in den Heilungsprozess Gottes. Gott sieht uns jetzt schon heil und vollkommen. Und ob wir es glauben können oder nicht, wir sind schon längst auf der Reise der „Inneren Heilung“: Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen, damit wir heil werden. Amen.