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Und was bedeutet der Tod Jesu für uns heilsgeschichtlich?

Nur das, was wir ihm an Bedeutung zumessen.

Als die Jünger erlebten, dass ihr Meister am Kreuz schmählich geendet ist,

war das zunächst das Ende.

Erst in dem nachösterlichen Nachsinnen kamen sie darauf: Der Messias musste ja leiden.

Sie lasen die Schriften, stießen auf Jesajas leidenden Gottesknecht und entdeckten für sich:

Wahrhaftig, dieser Gottesknecht gleicht Jesus!

Jesus, der leidende Gottesknecht, war ein theologisches Denkmodell,

den Tod Jesu heilsgeschichtlich zu deuten:

„Fürwahr, er trug unsere Krankheit.

Die Strafe liegt auf ihm, damit wir Frieden hätten…“

Es kamen weitere Denkmodelle hinzu:

Der Freikauf aus der Knechtschaft,

das letzte Opfer und Ende allen Opferkultes,

das für uns gestorben, wie immer es gerade ausgelegt wird.

Auch heute wird der Tod Jesu nur Bedeutung für uns haben können,

wenn wir ihm an Bedeutung zumessen.

Jesus starb am Kreuz ,

ist für mich momentan

der Ausdruck höchster Hingabe,

ein Leben der Hingabe, vollendet bis zur Hingabe am Kreuz.

Hat der Tod Jesu am Kreuz für uns dann irgendeine Bedeutung?

Ohne das Kreuz gäbe es schlichtweg kein Christentum.

Stell dir vor,

Pilatus hätte ihn freigesprochen,

die jüdischen religiösen Verantwortlichen hätten ihn ignoriert,

hätten ihn nach Galiläa verbannt.

Jesus hätte vielleicht weiter von Gott erzählt.

Nachdem seine apokalyptischen Erwartungen vom Kommen des Reiches nicht so gekommen sind,

hätte er sich vielleicht zurückgezogen,

hätte gelehrt als Rabbi, hätte geheiratet, hätte Kinder gehabt und Kindeskinder.

Nie wäre Paulus auf ihn als Gekreuzigten und Auferstandenen gestoßen.

Seine Botschaft wäre vergessen worden.

Aber sein Ende am Kreuz hat ihn aus der Vergessenheit gerissen.

 

 

 

 

Warum ist Jesus aber dann am Kreuz gestorben?

Zunächst ist die Antwort banal:

Weil  die damaligen religiösen und politischen Führer ihn aus dem Weg haben wollten.

Für die religiösen Führer war er eine Gefahr für Tempelkult und Tempelopfer,

eine Gefahr für gut gehende Geschäfte mit der Religion,

eine Gefahr für das Arrangement mit der römischen Besatzungsmacht,

eine Gefahr für den religiösen Frieden.

Für die politischen Führer war er ein Aufrührer,

gefährlich für den politischen Frieden,

gefährlich für Pax Romana.

 

Warum Jesus am Kreuz gestorben ist

Kein zorniger Gott wollte das.

Kein rachesüchtiger Gott, der auf Blut gestanden wäre.

Kein Gott, auf Opfer fixiert.

 

Gott wollte noch nie von uns Menschen ein Opfer,

weder von Abraham, als er meinte, Isaak Gott opfern zu müssen,

noch von Elia, als er meinte, 500 Baalspriester erschlagen zu müssen.

Gott will kein Opfer, sondern Barmherzigkeit.

Daran erinnerte schon Jesus seine opferwilligen Mitmenschen:

Barmherzigkeit, Güte, Liebe, Zuwendung

ist allemal besser als Opfer.

Und nach dieser Devise hat er gelebt

und nach dieser Devise ist er auch gestorben.

 

Es wäre absurd,

Jesus hätte seinen Tod als Opfer verstanden gegenüber einem Gott, der Opfer fordert.

Sein Leben lang hat er anders gelebt und geredet

Und am Ende wäre er ein Opfer unserer Sünden,

Opfer eines zornigen Gottes, der seine Wut statt an uns an ihm ausgetobt hätte?

Es wäre absurd,

Jesu Tod am Kreuz als Opfer zu missverstehen.

Der Sinn von Jesu Tod am Kreuz

Zunächst ist eines festzustellen: Jesus von Nazareth ist den Tod eines Aufrührers gestorben, es war ein Tod, der seine Jünger und Jüngerinnen ratlos und verzweifelt gemacht hat. Jesus wurde von den Römern als Aufrührer irrtümlich gehalten und starb deshalb den Tod eines politischen Verbrechers am Kreuz.
„Wir hielten ihn aber für den, der Israel befreien würde“ (Emmaus-Jünger)
Der sinnlose Tod muss doch einen Sinn gehabt haben. So macht sich seine Anhänger auf verzweifelte Weise auf Sinnsuche und wurden in ihren Heiligen Schriften fündig:
a) „Musste nicht der Messias/der Christus leiden?“ Sie stießen auf den leidenden Gottesknecht in der Jesajatradition und sahen Jesus als leidenden Propheten, der wie andere Propheten auch konsequent seinen Weg bis in den Tod gegangen ist.
Weitere Denkmodelle, auf die die Jesusanhänger auf der Suche nach Sinn eines sinnlosen Todes gestoßen sind (die Aufzählung ist nicht erschöpfend):
b) Die Freundesliebe: Jesus im Johannesevangelium: Nichts ist größer als dass einer für seine Freunde stirbt.
c) Der Loskauf aus der Sklaverei
d) Stellvertretung (z.B. Jesus anstelle von Barabbas)
e) Versöhnung mit Gott: Lasst euch versöhnen mit Gott!
f) Jesus als Opfer in Analogie zum Tempelkult, den es damals noch gegeben hat
g) das Passalamm aus der Passalammtradition: Ein Motiv der Befreiung aus der Sklaverei Ägyptens
h) bis hin zur Formulierung „für uns gestorben“.
Aber was heißt „für uns gestorben“? Welche Bedeutung kann Jesu Tod am Kreuz nach 2000 Jahre noch haben?
Diese Frage muss jeder für sich selber beantworten.
Auf der einen Seite wird dieser Tod genauso sinnlos und bedeutungslos bleiben wie er den Jüngern anfangs vorgekommen ist. Wozu – warum dieser sinnlose, bedauerliche Tod Jesu? Darauf gibt es keine Antwort genauso wie der Tod vieler anderer unschuldiger Menschen, die es wahrhaftig nicht verdient haben auf menschenunwürdige Weise irgendwo auf dieser Welt elendiglich zu verrecken. Der Tod Jesu als sinnloser Tod macht Sinn als Aufschrei und Protestschrei gegen jeden sinnlos dahingeopferten Tod von Menschen, ganz gleich welcher Religion, Herkunft oder Zeit. Denken wir an Auschwitz, oder den Hungertod vieler Menschen heute oder brutale Hinrichtungen auch heute noch.
Auf der anderen Seite können wir in Eigenverantwortung unseres gelebten Glaubens dem Tod Jesu auch nach 2000 Jahren Bedeutung und Sinn geben. Den Sinn muss jeder selber für sich geben. Wir können auf Sinndeutungen in unseren Heiligen oder Unheiligen Schriften suchen wie die Christen damals und suchen, was für uns Sinn macht. Wie auch immer wir uns dabei entscheiden, wenn wir uns darauf einlassen, dem Tod Jesu einen Sinn zu geben, wir werden spüren: Der Tod Jesu lässt uns nicht kalt. Er hat dann existentielle Bedeutung für unser Glaubensleben, für unser Leben überhaupt.
Vom Kreuzestod Jesu geht noch heute eine Kraft aus, eine Dynamik (wie Paulus sagt), die rettet, selig macht, tröstet, und aufrichtet im Leben und Sterben.
Ich will nur andeuten, dass wir diese alten Formeln und Deutungen vom Tod Jesu, wenn sie uns zu unverständlich geworden sind, auch hintenan schieben können. Wir können dahinter etwas entdecken, was immer auch für alle Zeiten gilt: Gottes unbedingte Liebe zu uns Menschen, die ein ganzes Leben gilt bis zum Tode und darüber hinaus. Wer kann uns scheiden von der Liebe Gottes…
Momentan sehe ich in der Jesajatradition eine weitere mögliche Sinndeutung, die mir einleuchtet und mir Sinn gibt: Jesus trägt unsere Krankheit und Schmerzen und löst damit, wenn wir uns darauf existentiell einlassen, einen Heilungsprozess in uns aus, der alle Verhärtung und Vereisung unter der Gottesliebe dahinschmelzen lässt. Der Tod Jesu gibt also Sinn als einen Beitrag zur inneren Heilung.

durchkreuzte Träume

Ein Kreuz mitten auf der Wiese,
Momentaufnahme irgendwo auf dem Jakobsweg.
Was tut das Kreuz auf der Wiese?
Manchmal stört es,so wie das Schicksal unseren Lebensweg durchkreuzt
und damit auch unsere Lebenspläne und Träume vom Leben.
Der Traum vom bunten Leben auf der Wiese durchkreuzt.

Manchmal lädt mich das Kreuz auch zum Innehalten ein, zum Verweilen.
Nicht alles muss ich auf meinem Weg mitschleppen an Steinen und Ballast.
Ich darf es auch unter dem Kreuz ablegen.
Und ich lege mich für eine Weile in die Wiese
verweile und genieße den blauen Himmel,
bevor es dann weitergeht.

Gedanken, veröffentlicht im Gemeindebrief,
schön, wenn es jemanden anspricht und tröstet.
Um mich herum lauter durchkreuzte Lebensträume,
und ich sage mir und meinen Mitmenschen:
Mag das Kreuz auch in der Wiese stehen,
es hindert mich nicht, mich in die Wiese zu legen
und vom Leben zu träumen.