Archiv der Kategorie: Flüchtlinge

Gedankenblasen

Ich höre ihm zu

wie er von AfD- Versammlungen berichtet,

überzeugt davon,

dass der Islam nicht zu Deutschland gehört,

alle Moslems sich verschworen haben,

uns in Deutschland zu vereinnahmen und zu erobern.

Ich höre ihm zu

wie er

von einer anderen Kultur spricht,

die der unsrigen widerspricht.

Von letzterer ist er geprägt,

auch wenn er längst den Glauben an Gott verloren hat,

und für ihn bleibt als Kern dieser in seinem Leben verdunsteten Kultur

die Nächstenliebe

übrig.

Und ich denke mir, während er das so sagt:

Nächstenliebe nur für Deutsche?

Kann das wahre Nächstenliebe sein?

Ist Nächstenliebe nicht grenzenlos

und die Würde

aller

Menschen

unantastbar?


Und währenddessen erzählte er mir von seinem fehlenden Gottesglauben.

Und ich dachte mir:

Fehlt mit dem Gottesglauben,

ganz gleich wie er geformt und geprägt ist,

nicht etwas für uns Menschen ganz Entscheidendes?

Ihm fehlt augenscheinlich der Trost angesichts der Vergänglichkeit des Lebens.

Er hat nicht, was Christen auf dem Sterbebett haben,

einen Halt,

und sei es nur einen Strohhalm.

Das waren meine Gedankenblasen,

ich hätte sie ihm gerne erzählt,

aber er hörte nicht zu.

Aber immerhin waren unsere Gedankenblasen nahe beieinander.

Genug mit dem Gutsein

Enttäuscht, mutlos

verzagt

Sollte ich mich so getäuscht haben!

Am liebsten AfD wählen,

Flüchtlinge raus,

abschieben und weg!

 

Nein,

dem Hass will ich mich nicht verschreiben

und auch keine AFD wählen,

keine Mauern und Grenzen ziehen.

 

Aber ich gebe zu,

enttäuscht zu sein.

Enttäuscht und wütend zugleich.

 

Ich hätte nicht gedacht,

dass diese Menschen so undankbar sind:

undankbar,

immer nur fordernd,

immer nur nehmen, aber nichts geben,

ohne Anstand und Verantwortung,

den letzten Nerv kostend und noch mehr.

 

Nein,

es sind keine guten Menschen,

nur weil sie Jesiden sind

oder andere Flüchtlinge Moslems.

Es sind keine guten Menschen,

nur weil sie geflohen sind vor den bösen.

Ja,

sie sind eigensüchtig, gehen rücksichtslos ihren Weg,

treten manchmal auf meinen Gefühlen,

zertreten achtlos Beziehungen,

die vorher so mühsam aufgebaut waren.

Vielleicht aus Angst, zu kurz zu kommen,

aber das ist für mich keine Entschuldigung.

Ich nehme wahr,

sie sind keine guten Menschen,

zu mindestens verhalten sie sich jetzt nicht wie solche.

Sie haben auch furchtbare Seiten, egoistische und gemeine.

 

Aber die habe ich auch,

bin auch nur Gut-Mensch wider Willen.

Gut-Mensch um Jesu willen.

Aber irgendwann ist es mir genug und zuviel, Gut-Mensch zu sein.

Und so ziehe ich meine Grenzen:

als Gutmensch bis hier her und nicht weiter

danach werde ich egoistisch

und denke an mich,

schütze mich vor weiteren Verletzungen,

halte Abstand

und merke: es ist gut so.

Das Leben geht so oder so weiter.

Und manchmal trennen sich halt die Wege.

Es ist genug mit dem Gutsein.

Die Welt würde anders aussehen, wenn wir ein bißchen christlicher wären…

Manche

sind maßlos

in ihren Wünschen.

Hauptsache, sie setzen ihren Willen durch.

Jetzt langt´s aber!

 

Manche

lassen lieber ihre alten Häuser stehen und vergammeln

als Flüchtlingen ein Zuhause zu geben.

Hauptsache, sie haben es schön warm und gemütlich.

Jetzt langt´s aber!

 

Manche

sind maßlos selbstsüchtig

und übersehen dabei,

wieviel die Gesellschaft, die Gemeinschaft oder sogar sie selbst

davon profitieren würden,

wenn  sie maßvoll,

mehr wird ja gar nicht verlangt,

auch mal an andere denken würden.

 

Die Welt würde anders ansehen,

wenn hier und da der eine oder andere

übrigen Wohnraum überlassen, statt vergammeln lassen würde,

wenn der eine oder andere

seinen Glauben mal christlich in die Tat umsetzen würde.