Archiv der Kategorie: Bibel

Danken ist eine Willenssache

Psalm 56,13
„Ich habe dir, Gott, gelobt, dass ich dir danken will.“

Danken ist eine Willenssache.
Ich entschließe mich Gott für mein Leben zu danken.
Ich nehme wahr, wie unterschiedlich Menschen reagieren,
wenn sie Schweres durchmachen.
Die einen klagen, jammern.
Das ist eine Zeitlang auch gut, zu klagen und zu jammern.
Aber wenn es ein Dauerzustand wird, verbittern wir Menschen.
Und andere Menschen,                                                                                                                                                                              die das gleiche schwere Schicksal durchmachen,
erlebe ich, zunächst auch ähnlich wie alle Menschen:
Sie klagen, jammern, bis alle Tränen geweint sind                                                                                                                                                                                                       und alle Klage zu einem Ende gekommen sind.
Und dann hören sie auf und fangen an, zu danken.
Sie sind noch am Leben.
Sie haben noch Leben vor sich.
Jeder Tag ist ein Geschenk.
Ein Geschenk von Gott.
Danke
Wenn wir dieses Danke Gott
oder dem Leben aussprechen,
ganz gleich was vorher gewesen war,
werden wir ein tiefes Gottvertrauen in uns spüren.

Altes neues Gottesbild

Gott

Für mich bist du wie BigBrother,

Wie Facebook, Google und Amazon verhundertfacht:

Du kontrollierst mich

Du kennst meine Daten besser als ich.

Ganz egal,  was ich gerade tue oder nicht  tue,

Nichts davon entgeht dir, Gott.

Ob ich gerade unterwegs bin oder schlafe,

Du bist da

Und bekommst alles mit.

Sogar meine Gedanken,

Noch ehe ich sie in Worte fassen kann,

Kennst du schon

Und kannst sie weiter denken, noch bevor sie mir bewusst sind.

Ich kann mich drehen und wenden wie ich will,

Immer bist du da

Und kontrollierst mich.

Letztlich kann ich das nicht begreifen,

Das geht über meinen Verstand.

Gott du bist da.

Wohin ich auch gehe, bist du da.

Vor dir fliehen,  ist völlig sinnlos,

Denn du bist überall da.

Flöge ich bis zum letzten Stern des Kosmos, so bist du auch dort.

Würde ich mich bei den Toten vor dir verstecken wollen,

Du würdest mich selbst bei den Toten aufspüren,

Selbstmord als Flucht ist also sinnlos.

Würde ich mich über die Natur erheben und mich als Mensch zu Höheren beflügeln,

Und würde ich dabei die äußersten Grenzen des Menschsein erreichen,

Vielleicht sogar unsterblich zu den Göttern mich erheben,

So würde auch dann deine Hand mich greifen

Ja, du würdest mit deiner rechten Hand mich unerbittlich greifen.

Dir Gott kann ich nicht entkommen.

Würde ich versuchen, mich auf der dunklen Seite zu flüchten,

Würde ich versuchen, mich in den finstersten Winkeln zu verstecken

Und selbst wenn ich Böses für Gutes erkläre,

Wäre Finsternis nicht finster genug bei dir und du würdest mich selbst in der tiefsten Tiefe mich finden

Und wenn du dann kommst, mich in der tiefsten Finsternis zu finden, würde auch die schwärzeste Finsternis taghell bei dir

Und Finsternis ist dann das Licht.

Ich kann mich also nicht vor dir verstecken,

Selbst wenn ich sage, dich, Gott, gibt es gar nicht,  bist du da als Nicht-Gott in meinem Leben.

 

So bleibt mir nichts anderes mehr übrig

Als stehen zu bleiben vor dir, Gott.

Da bin ich vor dir vergeblich fliegender Mensch.

Hier bin ich, mein Gott.

 

Du hast gemacht, was mich als Mensch ausmacht.

Als ich im Schoß meiner Mutter gezeugt und empfangen wurde, da hast du Gott mich geschaffen.

Ich bin also nicht aus Zufall da, ich bin keine Laune der Natur und nicht nur ein Zufallsergebnis der Evolutionsgeschichte.

Du Gott hast mich gewollt.

Ich spüre wie ich darüber staune und dankbar bin, dass ich sein darf.

Ich staune darüber, Du hast mich zu einem wunderbaren Geschöpf gemacht.

Du hast mich wunderbar gemacht

Und dabei spielt es keine Rolle,

Ob ich Mann oder Frau,

Alt oder jung,

Schwul oder hetero ,

behindert oder nicht behindert bin.

In deinen Augen bin ich wunderbar.

Eigentlich ist die ganze Welt wunderbar.

Ich staune darüber.

Das Leben selbst ist ein Geschenk,

Das stelle ich immer wieder fest.

Selbst mein Innerstes war dir nicht verborgen,

Als ich im Verborgenen geworden bin,

Als ich im Mutterleib entstanden bin.

Deine Augen haben mich schon liebend erkannt und wahrgenommen,

Als es mich noch gar nicht gegeben hat.

Sämtliche Tage meines Lebens, die erst noch werden sollen

Und von denen noch kein einziger Tag existiert hat,

waren schon in deiner Cloud festgeschrieben.

Aber

Je mehr ich darüber nachdenke,

desto schwerer begreife ich, Gott meines Lebens,

Deine Gedanken.

Allein deine Rechenprozesse sind grenzenlos.

Wollte ich sie nachvollziehen,

so wären sie mehr als alle Rechenprozesse aller Supercomputer aller Zeiten.

Und am Ende landet ich immer noch bei dir.

Du bist der Anfang und das Ende,

Der Ursprung und das Ziel von a l l e m.

Du Gott, wirst auch die Menschen erreichen, die nicht an einen Gott glauben.

Du, Gott, wirst sogar die Gottlosen erreichen,

da ist keiner Gott los,

Nicht die Anständigen, die dich aus welchen Gründen auch immer nicht kennen,

Auch die Menschen härteren Kalibers, die von dir aus welchen Gründen auch immer nichts wissen wollen,

 

die Menschen also,  die Blut an den Händen kleben haben.

Auch solche werden dich Gott nicht los.

Sie treiben mit deinem Namen Schindluder.

Mein Gott, was haben wir Gottgläubige nicht schon alles Furchtbares in deinem Namen getrieben!

Es sind Feinde des Lebens, die sich mutwillig gegen dich, dem Gott des Lebens erheben.

Sollte ich nicht die hassen, die das Leben verneinen?

Sollte ich mich nicht mit aller Kraft gegen alles, was das Leben zerstört,  einsetzen?

Sollte ich nicht mich mit aller Kraft für das Leben einsetzen?

Ich hasse mit ganzem heiligen Ernst, was Leben zerstört,

Ich Partei ergriffen für die Schwächen und bin damit ein Feind aller Ausbeutung und Unterdrückung.

O Gott,

Genau da habe ich Angst, ich könnte falsch liegen .

Ich fürchte,  ich kann mich irren und selber zum Lebenszerstörer werden.

Darum kontrolliere mich,  Gott, schaue mir genau ins Herz.

Prüfe mich

Erkenne mit deinen unendlichen Möglichkeiten, wie ich’s meine.

Und sollte ich mich auf einem Abweg befinden, der nur zu Bösem führt,

Korrigiere mich immer wieder neu.

 

Psalm 139

 

 

 

 

 

:

Luthers Reformation radikal zu Ende denken

Damals vor 500 Jahren

ist Luther auf halben Weg stehen geblieben

mit seiner Reformation.

 

Er will zurück zu den Wurzeln,

zurück zu den Quellen des Evangeliums,

der Heiligen Schrift,

darum sola scriptura,

Allein die Schrift,

er übersieht aber,

wie historisch bedingt das angebliche Heilige der vielen Schriften ist.

Sie sind Menschenwort,

heilig genannt, mehr nicht.

 

Was wäre geschehen, wenn Luther damals

historisch kritisch hätte denken können,

was er historisch gesehen, nicht konnte?

 

Er hätte das Alte Testament nicht messianisch auf Jesus Christus deuten können.

Er hätte die angebliche Verteufelung der Juden durch den Jesus des Johannesevangeliums als Projektion erkannt,

ein wichtiger Grund seiner Judenfeindschaft wäre entfallen.

Und dann hätte er sich auf die Suche nach Spuren des Jesus von Nazareth machen können

und sein Bild von Jesus Christus wäre weit mehr von dem Menschen Jesus geprägt worden:

Entscheidend ist doch, was Jesus gesagt und getan hat

und nicht was die Menschen aus ihm gemacht haben.

Allein Christus,

darauf zielt er ab,

darauf beschränkte er sich.

 

Was wäre geschehe, wenn Luther damals

die vielen Jesus Christusse der Evangelien

und auch den Jesus Christus des Paulus

als vielfältige und mitunter gegensätzliche Idealisierung

und Vergöttlichung des Menschen Jesus von Nazareth erkannt hätte?

 

Was wäre geschehe, wenn Luther damals

nicht beim hellenistischen Christusbild,

nicht bei griechisch erdachter Trinitiätslehre

stehen geblieben wäre,

sondern hinter den Christusbildern späterer Zeit nach dem Jesus von Nazareth gefragt hätte?

 

Hier und da hatte er ja schon erkannt,                                                                                              dass „Jesus ein geborener Jude sey“,                                                                                          aber keine Konsequenzen daraus gezogen.

 

Vielleicht hätte die Erkenntnis,

dass die Christen sich Jesus zum Gottes Sohn zurechtgezimmert haben

und darüber hinaus in spekulative Trinitätsgedanken eingezwängt haben,

bei Luther bewirkt,

den Glauben der Moslems mehr zu achten

als nötige Korrektur auf griechisch-philosophische Spekulationen.

 

Und was wäre geschehen, wenn Luther damals

Allein der Glaube

weitergedacht und weiterentwickelt hätte?

Nicht allein der Glaube

an irgendwelche Dinge, die heilsnotwendig wären,

wie der Kreuzestod Christi als Opfer für einen opfersüchtigen Gott,

nicht die Jungfrauengeburt und Gottessohnschaft metaphysisch überhöht,

auch nicht Auferstehung und

oder Himmelfahrt oder andere antike Vorstellungen.

 

All das zu glauben, wäre nicht notwendig,

schon gar nicht heilsnotwendig

 

Es genügt allein das Gottvertrauen,

das gleiche Vertrauen,                                                                                                                      das Jesus von Nazareth

in Gott hegte

und wozu er seine Mitmenschen ermutigt hat,

dem göttlichen Urgrund,                                                                                                                    den er Abba nennt,

zu vertrauen.

 

Dann wäre allein der Glaube

auch nicht denkbar

ohne Liebe.

 

Macht nicht ein Glaube,

noch dazu einer der von sich sagt: Allein ich!,

uns Menschen lieblos, fanatisch?

 

Was wäre geschehen, wenn Luther damals

den Glauben allein,

aber nicht ohne Liebe

vertreten hätte!

 

 

Heute

will ich

allein dem göttlichen Urgrund meines Lebens

vertrauen,

den Jesus Abba nennt,

und allein göttlichen Urgrund der Liebe ist.

 

Heute

will ich

allein der göttlichen Liebe mich gründen,

die sich in den Spuren und der Nachfolge Jesu von Nazareth findet,

aber nicht nur in seinen.

 

Heute

will ich

allein

den Spuren göttlicher Liebe

in den Schriften und Menschentraditionen

folgen,

ganz gleich welcher Herkunft und Religion

und diese göttliche Liebe allein

soll Richtschnur sein

gegenüber allem, was ihr, selbst in der Bibel, widerspricht.

Worauf es ankommt, was wirklich wichtig ist.

Ein jeder erweise seinem Bruder Güte und Barmherzigkeit.
Sacharja 7,9
Da ist ein Prophet, der sagt euch erst einmal, worauf es nicht ankommt:
Fasten und Beten, ist nicht wirklich wichtig, das tut ihr nur für euch.
Äußerlich Gottesdienste feiern, wie eure Konfirmation, ist nicht wirklich wichtig,
das tut ihr nur für euch.
Schön und gut, das braucht es auch,
dass ihr mal was für euch tut,
wie Feiern und Fasten oder Beten und Meditieren.
Aber dann sagt der Prophet, worauf es ankommt,
hör genau hin:
Worauf es ankommt im Leben und im Glauben:
Ein jeder erweise seinem Bruder Güte und Barmherzigkeit.
Dein Bruder ist dein Mitmensch,
der, mit dem du gerade zu tun hast,
ob du ihn magst oder nicht,
verhalte dich gütig und barmherzig gegenüber jeden,
ob er es verdient hat oder nicht.
Darauf kommt es an im Leben und im Glauben
auf Güte und Barmherzigkeit.
Und wenn du fragst, was das heißt,
hör weiter hin, was der Prophet sagt:
Tu kein Unrecht den Witwen und Waisen, den Menschen, die sozial benachteiligt sind.
Tu kein Unrecht den Ausländern und Armen
Denke dir gegenüber deinem Mitmenschen nicht einmal einen bösen Gedanken, sondern handele recht,
dann gelingt dein Leben.

Mündliche Überlieferung – der erinnerte Jesus

Zunächst wurden einzelne Perikopen, Sinnsprüche, kurze Geschichten von Jesus als Logien mündlich weitergegeben. Dabei ist festzuhalten, dass es immer der erinnerte Jesus ist, nie der wirkliche Jesus, den wir vor uns haben. Und wenn ich an mein Erinnerungsvermögen, was vor 20/30 Jahren war denke, bekomme ich schon meine Zweifel, ob es bei den ersten Christen mit dem Erinnerungs-vermögen nach 30/40 Jahren noch so weit her war. Schon das, woran sich Menschen erinnern konnten, ist schwammig, selbst wenn man sich nach besten Wissen und Gewissen zu erinnern versucht hat. Selbst die beste Erinnerung ist immer auch ein Konstrukt unseres menschliches Hirns: Wir erinnern uns, woran wir uns erinnern wollen, legen uns Dinge zurecht, dass sie passen, anderes wird verdrängt oder vergessen. Gut erinnern wird man sich an provokante Erinnerungen, Dinge und Ereignisse, die dem gewohnten Denkvermögen quer standen: Dass Jesus getauft wurde, dass Jesus mit seiner Familie Streit hatte und sie ihn für verrückt hielt, dass er gekreuzigt wurde, das und anderes sind unbequeme Erinnerungen, die das Erzählte historisch wahrscheinlich machen.
Dann gibt es in der Zeit der mündlichen Überlieferung auch Herrenworte, die nachösterlich neu entstanden sind. Die ersten Christen sahen keinen Unterschied zwischen Herrenworte eines Jesus vor seiner Auferstehung und Herrenworte ihres auferstandenen Herren. Wenn ihnen ein Wort des Herrn (durch Meditation und Gebet) eingegeben wurde, war es von Jesus selbst und wurde entsprechend auch als Jesuswort verschriftet. So erklären sich nachösterliche Jesusüberlieferungen. Die Jesu-Worte wurden weitererzählt, umgeformt, neu erzählt in die jeweils neue Situation hinein.
Das geschah nicht mit der Absicht eines Betruges, sondern in der ehrlichen Absicht, die Jesustradition in die eigene Zeit hinein zu übersetzen. Trotzdem genügen diese Weitererzählungen und Ausschmückungen natürlich nicht unseren heutigen historischen Grundsätzen. Historiker waren die Evangelisten nicht, sondern Leute, die Jesus verherrlichen wollten.

Heilige unheilige Schriften

Heilige Schrift?
Nein, eigentlich sind es Heilige Schriften,
eine Sammlung verschiedenster Worte, Briefe und Schriften
manchmal ein Wirrwarr verschiedenster Autoren und Meinungen.

Heilige Schriften?
Nein, eigentlich sind es unheilige Schriften,
geschrieben von unheiligen Menschen mit unheiligen Meinungen,
abgeschrieben, verfälscht, plagiatiert,
unglaubwürdig, voller Fehler und Hinzugefügtem.

Unheilige Schriften?
Nein, und doch sind es heilige Schriften,
Gottes Geist hat sich vom menschlicher Inspiratation und Vereinnahmung nicht nehmen lassen,
in und durch diese Schriften
von Jesus von Nazareth zu erzählen.
Ohne diese heiligen, unheiligen Schriften wüssten wir heute
nichts von ihm.

Die Bibel weiterschreiben

20 Thesen zur Bibel

1. Die Bibel ist Menschenwort, von vielen unterschiedlichen Menschen zu unterschiedlichen Zeiten geschrieben. Sie ist als ein Menschenwerk ernst zu nehmen.
2. Weil die Bibel von Menschen gemacht worden ist, darf ihre Entstehungsgeschichte auch historisch-kritisch untersucht werden.
3. Das Alte Testament ist dem jüdischen Volk als ihr Heiliges Buch zurückzugeben. Der Bund mit dem Volk Israel darf nicht einfach christlich überzeichnet werden. Natürlich können wir auch als Christen von den jüdischen Schriften lernen.
4. Die Bibel ist nicht verbalinspiriert und darf auch nicht wörtlich genommen werden.
5. Der Kanon, d.h. was alles zu den biblischen Schriften gehört, ist nicht abgeschlossen, sondern bis zum heutigen Tag grundsätzlich offen. Apokryphische und andere frühchristliche Schriften stehen gleichrangig zu den in der Bibel kanonisierten Schriften.

6. Maßstab der Bibel und aller weiteren frühchristlichen Traditionen ist Jesus von Nazareth als der historische Mensch, der vor 2000 Jahren tatsächlich gelebt und Spuren einer radikal gelebten göttlichen Liebe hinterlassen hat, die bis heute die Menschheit prägen und beeindrucken. Darum ist es wichtig, dem historischen Jesus auf der Spur zu bleiben.
7. Die Überlieferung und Verschriftung des Leben Jesu hat sich schwer getan mit dieser bedingungslosen Liebe Gottes. Immer wieder wurde diese bedingungslose Liebe Gottes eingeschränkt, verfälscht, mit Bedingungen verknüpft.
8. Jede Überlieferung und Verschriftung des Lebens Jesu muss sich an dem Maßstab einer bedingungslosen Liebe Gottes messen lassen. Sofern sie damit übereinstimmt und sie in neue Vorstellungsformen und Bilder weiterentwickelt hat, ist auch eine Überlieferung und Verschriftung , die über den historischen Jesus in Ordnung. Jede Tradition muss sich allerdings kritisieren lassen, wenn sie die radikal gelebte Liebe Jeus einschränkt oder entschärft.
9. Die radikal gelebte Liebe Jesu von Nazareth erfährt ihre legitime Weiterführung als radikal gelebte Liebe Jesu Christi. Jede nachösterliche Botschaft muss sich am historischen Jesus messen lassen.

10. Im Neuen Testament wurden Geschichten und Worte Jesu von Nazareth weitererzählt, verformt, manchmal verfälscht. Es ist eine legitime theologische Weiterführung, wenn dem historischen Jesus Worte in den Mund gelegt und biblische Geschichten umgeformt, weitererzählt oder auch neu erfunden werden, sofern sie sich mit dem Maßstab der Agapeliebe messen lassen.
11. Geschichten und Worte Jesu sind als Verfälschung zu betrachten und abzulehnen, wenn sie hinter dem Anspruch des historischen Jesu zurückfallen.

12. Biblische Geschichten und biblische Worte dürfen grundsätzlich umgeformt, weitererzählt, auch neu erfunden werden weit über den biblischen Kanon hinaus. Die Bibel ist ein offenes Buch, darf beliebig kopiert, verbreitet und genutzt werden: Die Bibel als open source darf verändert und in der veränderten Form weitergegeben werden. Die Volxbibel ist die erste Bibelübersetzung der Welt, an der jeder Mensch über das Internet mitgestalten und formulieren kann. Schon lange vorher, im Grunde genommen mit Beginn der mündlichen und schriftlichen Weitergabe der biblischen Botschaft, ist die Bibel ein Buch, in der Geschichten und Worte aus biblischer Tradition erzählt, kopiert, vervielfacht, neu erzählt, korrigiert, in neue Kultur und Zeiten übersetzt wurde. Die Bibel ist ein Buch, das schon immer Überliefertes weitererzählt auch in dem Sinne, dass Geschichten anders weitererzählt werden. Unsere Aufgabe ist es, die Bibel weiterzuschreiben. Wir dürfen die Bibel nicht als ein fertiges Kompendium begreifen. Geschrieben wird an ihr bis zum heutigen Tag.

13. Nichts von der Bibel ist deshalb fest geschrieben für alle Zeiten. Die Bibel ist grundsätzlich nichts Unantastbares. Im Gegenteil, sie ist antastbar, hinterfragbar, widersprüchlich, vielstimmig und darf weitergeschrieben werden.
14. Ein wichtiger Zugang zur Bibel ist das Bibliodrama, in der mit der Bibel gespielt wird.
Ich spiele mit der Bibel. Wir spielen mit der Bibel. Die Geschichten in der Bibel erleben wir spielerisch, spielen sie nach, erleben sie nach, aber nicht buchstabengetreu, sondern mit offenem Ende. Biblische Geschichten können neu erlebt werden, auch verändert werden.

15. Gerade im bibliodramatischen Spiel ist die Bibel immer noch etwas Heiliges, etwas Kostbares, etwas, wodurch Herz und Leib, Verstand und alle Sinne berührt werden können auf eine Weise, die mich vom Wirken des Heiligen Geistes reden lässt. Aber im Antasten, Berühren, Erfahren, auch im Widersprechen und im Andersspielen darf sie hinterfragt, manchmal auch abgelehnt werden.

16. Was für den bibliodramatischen Zugang bedeutet, bedeutet auch für jeden anderen Zugang zur Bibel. Bibel kann und soll weitergeschrieben werden.

17. Biblische Tradition enthält auch poetische Texte. Dichtung ist eine spezielle deutsche Wortbildung gegenüber dem Poesie. Manche biblische Überlieferung ist verdichteter Text, eine Konzentration aufs Wesentliche, verdichtet als Dichtung oder auch als Gedicht. Wenn etwas gedichtet wurde, ist es im ursprünglich historischen Sinn zwar eventuell nicht geschehen, aber dennoch wahr. (Beispiel Ostergeschichten)

18. Ein weiterer Zugang zur Bibel ist der Gedanke der Phantasie. Phantasie ist die kreative Fähigkeit des Menschen, durch Bilder, Worte oder Ideen schöpferisch tätig zu werden. Auch die Bibel wurde und wird von Menschen phantasievoll weitererzählt. Es ist zu unterscheiden zwischen einer bloßen Fiktion bzw. eines bloßen Hirngespinstes und Trugbildes und den christlichen Hoffnungsbildern wie sie z.B. die Weihnachtsgeschichte darstellt. Es ist eine theologische Aufgabe, zwischen biblischen Trugbilder und phantasievollen, schöpferischem Weitererzählen einer biblischen Begebenheit zu unterscheiden.
19. Wir brauchen die Bibel, um über unseren eigenen Lebenshorizont hinausschauen zu können. Wir brauchen das Gespräch mit ein¬er Tra¬di¬tion, die älter ist als wir sel¬ber. Das Gespräch mit ei¬nem biblischen Text, der mehr weiß als wir wissen. Mit Erfahrungen, die über unsere eigenen sehr begrenzten Erfahrungen hinausgehen. Wir brauchen die Bibel, weil sie andere Geschichten erzählt, die wir sonst nirgendwo hören. Weil sie originelle Gedanken hat, auf die wir so nicht kommen. Sie erzählt z.B. von Auferweckung, wo unsere Erfahrung nur bis zum Tod reicht. Sie mahnt eindringlich zum Frieden, wo wir schnell denken, es gäbe zum Krieg keine Alternative. Sie wirbt um eine bedingungslose Liebe, wo wir denken, es reicht, bis hierher und nicht weiter.

20. Die Bibel soll auch mit unserem Leben weiter geschrieben werden. Ihr seid ein Brief Christi, schreibt Paulus seinen Gemeindegliedern. D.h. mit unserem Leben sollen wir Geschichten und Worte Gottes schreiben, in denen von Mitmenschlichkeit, von Liebe und Hingabe, von Wahrheit, Großzügigkeit, und Vergebung die Rede ist und diese ins Leben umgesetzt werden