Monatsarchiv: August 2016

Meine, eure, unsere Sorgen

Verstopfte Abflußleitung in der Küche,

vergebliches Warten auf Post,

irgend ein PC Teil will nicht funktionieren.

Das sind meine Sorgen.

Meine Sorgen möcht` ich haben!

 

Unkraut im Friedhof,

Holzwürmer in der Kirche,

Gegacker in der Gemeinde.

Das sind eure Sorgen.

Eure Sorgen möcht´ ich haben!

 

Wohlstandsorgen

Wir kriegen nicht genug- Sorgen

Leben im Überfluß- Sorgen

Unsere Sorgen möchten andere in der Welt haben!

Zwölf Millionen Menschen weniger

Zwölf Millionen

haben die beiden Kirchen in den letzten 25 Jahren verloren.

12 Millionen,

von denen viele ausgetreten sind,

nicht mehr genug Interesse für die Kirche haben,

denen anderes wichtiger ist als Kirche.

 

46 Millionen Menschen

sind es heute (Stand 2015),

2016 werden es wieder weniger sein,

die noch in den beiden Kirchen sind,

davon 22,3 Millionen evangelische Christen.

 

Viele davon

haben kaum mehr Interesse an Kirche,

viele davon

gehen selten bis gar nicht in die Kirche,

viele davon

haben vom christlichen Glauben so viel Wissen

wie ich von esoterischen Dingen.

 

Ich finde es deprimierend,

in einem sinkenden Schiff zu sitzen,

zu warten, bis die letzten das Schiff verlassen

und als letzter das Licht auszumachen.

 

Ich sehe die leeren Kirchenbänke

und denke mir nüchtern: Sie werden sich nicht mehr füllen.

Die Zeiten einer Volkskirche geht ihrem Ende entgegen,

vielleicht waren es noch nie Volkskirchen,

selbst als die Kirchenplätze voll waren von Menschen,

gedrängt und genötigt von christlicher Tradition und Gepflogenheit.

 

Ich nehme den Glaubensschwund in meiner Kirche wahr,

die Verdunstung von Tradition und christlicher Kultur,

die wachsende Unwissenheit und Gleichgültigkeit meiner Gemeindeglieder.

Alle Glaubensseminare, liebevoll gehaltene Gottesdienste und sonstige Versuche, auf die Menschen zuzugehen,

werden daran nichts ändern,

dass der christliche Glaube wie unter heißer Sonne verdunstet.

 

Das Bild vom Toten Meer fällt mir ein.

Es verdunstet ebenfalls unaufhaltsam,

hinterlässt ausgetrocknete Wüsten,

verkrustet und tot.

Man muss aufpassen,

nicht in hohle  Löcher zu stürzen.

 

Genauso ist der Zustand der Kirchen 2016

Und ich kann nicht viel daran ändern.

Die Glaubensverdunstung in Europa kann ich nicht aufhalten.

Und andere genauso wenig.

 

Ich will nicht zu den Ewig Gestrigen gehören,

die bis zuletzt an Größe und Sieg des Christentums glauben.

Vielleicht sind wir die Insolvenzverwalter und Totengräber dieser altehrwürdigen Institutionen namens Kirchen.

Wo Altes im Sterben liegt, im Niedergang begriffen,

wächst Neues, ist Neues im Aufgang begriffen.

 

Vielleicht finden wir

eine neue Sprache zu den Menschen

ohne die altehrwürdige Kirchensprache.

Vielleicht finden wir

einen neuen Zugang zu den Menschen

ohne Kirchturm und Kirchengebäuden.

Vielleicht finden wir

sogar mit den Menschen von heute

eine ganz neue Möglichkeit,

„Gott“ zu leben

im Einklang mit dieser Welt und ihren Religionen.

Einander die Lasten tragen

„Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“

Galater 6,2

„Einer trage des anderen Last.“

Ein Satz in nichtreligöser Sprache,

und wenn man ihn dem Lutherdeutsch entkleidet,

ein ganz einfacher, verständlicher Satz,

was „christlich“ heißt:

Die Last des anderen tragen,

Einander helfen, die Lasten des Lebens erträglich zu machen.

Solidarisch sein,

einander zugewandt,

hilfsbereit: Ich bin für dich da.

„… so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“

Religiös gedeutet: Wir helfen, weil Christus es zum Gesetz macht.

Aber eigentlich sind wir für den Mitmenschen da,

aus eigenem Antrieb,

weil es nötig ist,

weil es selbstverständlich ist.

Nichtreligiös gedeutet:

Wir tragen die Last des anderen,

weil wir Mitmenschen sind.

Eine religiöse Komponente:

Im Lastentragen erschließen sich uns Kräfte,

die über uns hinausgehen.

Manche sagen dazu: „Gott“.

Ich sage dazu:

Wenn wir Lasten einander tragen helfen,

geschieht „Gott“.

 

Urgrund meines Seins

 

„Gott“

Urgrund meines Seins

Quelle meiner Freude

Wurzel meiner Hoffnung.

In „Gott“

bin ich fest verwurzelt,

Mit „Gott“

bin ich tief verbunden

in der Tiefe meines Herzens.

Zu „Gott“

sage ich Du,

obwohl ich weiß,

„Gott“

ist mehr als das,

was ich als göttliches  „Du“ erfahre.

„Gott“  – mein Gott“

Wie sieht für mich ein moderner christlich geprägter Glaube aus?

  1. Ich gebe mit dem Glauben nicht meinen Verstand ab. Im Gegenteil Glaube und Vernunft gehören zusammen.
  2. Moderner christlicher Glaube schenkt dem Menschen die Freiheit des Glaubens. Er versklavt nicht, er macht nicht unmündig. Im Gegenteil, moderner christlich geprägter Glaube sucht den mündigen Menschen in mir und meinen Mitmenschen. Ich sehe mich nicht von Gott geführt und gegängelt, sondern gehe meinen eigenen Weg im Glauben.
  3. Mein Glaube ist christlich geprägt. Ich bin in einer christlichen Tradition aufgewachsen und beheimatet. Diese ist natürlich auch wandelbar. Aber ich stehe als Christ in der Nachfolge Jesu von Nazareth. Ich bete ihn nicht als Christus an, ich folge ihm nach, weil er für mich aus verschiedenen Gründen zum Christus, zum Wegweiser zu Gott geworden ist.
  4. Moderner christlicher Glaube weiß sich umgeben von Glauben anderer Konfessionen und Religionen. Jeder Mensch hat die Freiheit, seinen Glauben so zu leben, soweit er dadurch nicht die Freiheit des anderen verletzt und einengt.
  5. Glaube in der Moderne hat Raum für die Klage. Wir leben in einer Zeit, in der Auschwitz und viele andere Katastrophen möglich waren und möglich sind. „Gott“ ist dafür nicht verantwortlich. Aber „Gott“ bietet Raum zur Klage.
  6. Ich persönlich erwarte von Gott keine Erfüllung irgendwelcher Bitten. Er ist nicht der Erfüllungsgehilfe meiner Wünsche und Sehnsüchte. Natürlich darf ich „Gott“ mein Wünsche und Sehnsüchte sagen. Aber „Gott“ weiß eh darum.

In der Moderne verzichten wir darauf, Gott für gutes Wetter oder Regen zu bitten. Wir wissen ja, dass andere Dinge dafür verantwortlich sind.

  1. „Gott“ ist für mich ein Ort, wo ich meine Dankbarkeit als Lebensstil einüben kann. Ich sehe mich allerdings nicht in einer unmittelbaren Abhängigkeit von einem Gott, der auf meine Bitten hin mir gibt und ich ihm danke. Dankbarkeit ist ein Lebensstil, kein Ausdruck unterwürfiger Bettelei.
  2. Ich persönlich denke mir „Gott“ zunächst personal, wohlwissend, dass „Gott“ alle personalen Gottesbilder übersteigt und korrigiert. Ich bete zu einem Gott, der väterliche und mütterliche Züge hat und doch alle Väter und Mütter übersteigt.

Letztlich glaube ich „Gott“ als der Urquelle, dem Urgrund des Daseins. Ich bin getragen vom Urgrund, ob ich daran glaube oder nicht.

  1. Wer mag, kann auf traditionelle Weise zu Gott beten: Gott himmlischer Vater, Herr, Allmächtiger.                                                                                                                                       Ich suche nach anderen Bilder und Namen Gottes: Liebhaber des Lebens, mein Lichtblick im Leben, mein Fundament im Leben.

Gott, du Allbarmherziger, du Liebender aller Menschen

Gott, du Atem meines Lebens, mit jedem Atemzug atme ich dich ein und aus.

„Gott“ ist kein Gott, den es gibt oder den es nicht gibt. Wer oder was wir auch unter „Gott“ verstehen, übersteigt unsere menschlichen Vorstellungen, auch unsere atheistischen. So kann ich durchaus auch atheistisch an „Gott“ glauben. „Gott“ umfasst theistische und atheistische Vorstellungen.