Monatsarchiv: November 2015

Horizonterweiterung meines Glaubens an den einen Gott

Christ bin ich nach wie vor,
nur freier, ungebundener, undogmatischer.

Die Rede vom trinitarischen Gott, von Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist, ist für mich eine symbolische, religiöse Sprache,                                                       ein bildhafter und manchmal auch hinterfragbarer Ausdruck                                wie frühere Generationen Gott begriffen haben.
Ich verwende ihn aus Respekt vor diesen, aber jederzeit interpretierbar, symbolisch für den                                                                                                          Einen Gott, der sich uns Menschen unterschiedlich offenbart.

Die Vorstellung,
dass im Himmel oben Gott Vater mit Jesus seinem Sohn und dem Heiligen Geist thront,
ist für mich ein Bild, eine Vorstellung, als Symbol religiöse Sprache
und auch Jesus als Gottes Sohn
menschgewordener Mythos,
geborener, gestorbener, auferstandener Gottmensch,
ist für mich  symbolisch als mythologische Sprache zu verstehen.

Christ bin ich
in der Nachfolge des Jesus von Nazareth,
der die Liebe und Zuwendung Gottes zu uns Menschen verkündigt und gelebt hat,
der ein Herz für die Armen und Ausgegrenzten hat,
der grenzüberschreitend alle Menschen liebt.

Dieser Jesus von Nazareth
wird für mich immer der Maßstab sein,
wonach sich auch
christlicher Mythos und christliche Tradition
messen und kritisieren lassen müssen.

Als ein solcher Christ in der Nachfolge Jesu,
sehe ich mich auch
eingebunden und verwurzelt in jüdischen Traditionen,
und offen und neugierig
für islamische Glaubensanschauungen.

Ich glaube an den einen Gott,
der sich in jüdischen, christlichen und islamischen Traditionen wiederfindet,
aber natürlich auch darüber hinaus zu finden ist.

Mein Verstand wird kritisch und freundlich gesonnen,
alles prüfen,
das Gute behalten,
das Böse benennen.

Fromm und frei im Denken

Fromm bin ich
mit Ehrfurcht im Herzen,
Ehrfurcht vor dem Leben,
dem Leben verpflichtet,
bin ich Leben umgeben von Leben,
das leben will.

Fromm bin ich
dankbar und staunend,
die Schönheit der Welt wahrnehmend.
Neugierig aufs Leben,
bin ich dankbar
gegenüber dem Urgrund meines Seins.

Fromm bin ich auch
in der Tatkraft meines Handelns,
dem Tun des Gerechten,
der Gerechtigkeit und dem Frieden verpflichtet
für alle Welt und alle Menschen.

Frei bin ich im Denken
Frei in der Handhabung meiner Vernunft,
Frei und kritisch gegenüber allen Autoritäten,
frei und nur der Wahrheit verpflichtet.

Feindbilder

Meinen Ohren wollte ich nicht trauen,
als ich diesen Satz hörte:
„Ach, wenn es diesen Islam nicht mehr gäbe!“
Ist der Islam nicht eine Weltreligion,
was wäre die Welt ohne diese wunderbare Religion?
Ist es nicht schön, dass es neben dem Christentum
auch die Buntheit und Vielfalt weiterer Religionen gibt?
Zumal wir als Christen mit Juden und Moslems die gleichen Wurzeln haben?

Noch mehr war ich erstaunt,
als ich hörte:
„Vor dem Mohammed habe ich keinen Respekt!“
Und dann all die Feindbilder aus antiislamistischem Herzen.
Respekt
vor dem Gründer einer Weltreligion
ist wohl das Mindeste, das zu erwarten ist,
wenn du wirklich dem Moslem gegenüber trittst.
Respekt
erwarten wir auch von den anderen
für unseren Glauben.
Respekt und Toleranz ist der einzig gangbare Weg,
einander ehrlich und liebevoll zu begegnen.

Zum ersten Mal hörte ich Feindbilder gegen den Islam aus christlichem Mund
und erinnerte mich an all die Feindbilder gegen das Judentum
über Jahrhunderte aus christlichem Mund.
Feindbilder sind nichts als unüberlegte Vorurteile,
die man nur ablegen kann,
wenn man dem anderen als Menschen begegnet.

Beobachtungen eines Außenstehenden

Brüderlich, geschwisterlich sein,
ist ein bisschen mehr als ihr lebt,
Brüderlich-geschwisterliche Liebe ist mehr als nur die zu lieben, die ihr sowieso liebt.
Ihr liebt die, die auf eurer frommen Wellenlänge liegen,
ihr liebt sie sogar mehr als die anderen.
Und überseht dabei, buchstäblich,
den, der nicht mehr so ganz auf eurer Linie liegt,
gebt ihm zum Teil nicht mal die Hand noch sprecht mit ihm.

Freunde Jesu wollt ihr sein.
Aber die Freundschaft Jesu übersteigt euer Denk- und Glaubensvermögen.

Ist nicht Jesus der Freund aller Menschen,
heißt geschwisterliche Liebe im Namen Jesu nicht auch,
auch den Andersdenkenden, Andersglaubenden zu respektieren, zu lieben,
vom der Feindesliebe ganz zu schweigen?
Ist nicht Jesus auch ein Gegenüber aller Menschen,
er spricht mit Frauen und Männern,
lässt sich auf Ausländer und Andersglaubende im Gespräch ein,
überwindet bis zum letzten Atemzug Grenzen?

Ach, mein Gott,
unsere Fähigkeit zur Liebe ist verglichen damit
nur ein Hinterherhinken,
unsere gelebten Freundschaften sind voller Egoismus und Berechnung, was sie uns bringen,
unsere angebliche Feindesliebe
ist voll von gut gehegten und gepflegten Vorurteilen.
Erzählt mir also als Außenstehenden und Andersdenkenden
nichts von Bruderliebe und Geschwisterliebe.
Lebt sie.