Monatsarchiv: Oktober 2013

Glaubensverdunstung

Ich nehme war, wie Kirchen sich entleeren,
leere Kirchenbänke,
nur wenige nehmen teil an Gottesdiensten
noch weniger nehmen sie wirklich teil am Gemeindeleben.

Ich beobachte
wie Predigten und Ansprachen
nichts sagen und nichts zu sagen haben,
wie jahrhundertevertraute Glaubenssätze und Glaubenswahrheiten
zu Glaubensformeln und Glaubensphrasen erstarren.

Ich entdecke
den inhaltlichen Leerlauf von Konfirmandenfreizeiten, Dekanatsynoden, Pfarrkonferenzen.
Kaum einer der Leitenden scheint mehr zu wissen,
was sie sagen können.

Ich spüre
wie sich auch mein Interesse                                                                                                    an Baufinanzen und Bewahren von Gemeindestrukturen
erschöpft,
wie wenig attraktiv ich selbst als Pfarrer                                                                       unsere Gottesdienste und Gemeinden finde,
wie erstarrt und leer mir                                                                                                    mein eigener bisheriger Glaube vorkommt.

Der Glaube
scheint bei uns in den Kirchen
zu verdunsten
unter der heißen Sonne
einer ohne Gott ganz gut zurecht kommenden Welt
und ich frage mich,
wo – um Himmels willen –
der verdunstete Glaube
als geistlicher Regenschauer
niederkommt.

Versuch, meinen Gott radikal umzubauen

Ich schiebe den Gott, wie ich ihn beigebracht bekam, einfach zur Seite.

Es ist also kein Gott, der allmächtig ist,
kein Gott, der in meinem Leben eingreift, schon gar nicht in dem Weltengeschehen.
Nur ein Gott in mir, in meinem Herzen wirkt mächtig in mir.

Es ist auch kein Vater, Sohn und Heiliger Geist,
es ist nur Theologenkonstruktion,
kein Vater da oben,
kein Gottessohn,
vielleicht doch ein Geist, nicht immer heilig, ein Geist der Freiheit.
Nur ein kleiner Gottesfunken in meinem Herzen.

Der Abschied vom himmlischen Vater fällt mir schwer,
vielleicht erhalte ich mir ein Bild vom Vater in meinem Herzen
im Wissen, es ist nur ein Bild
und Gott nur in meinem Herzen.

Auch der Abschied vom Sohn fällt mir schwer,
ist es mir doch von Jugend an beigebracht,
Jesus, Sohn Gottes, Heiland und Erlöser.
Aber bewusst gehe ich hinter der antiken Gottessohnschaft zurück,
sehe auf Jesus von Nazareth, bin auf seinen Spuren,
sehe ihn als Mensch und Bruder.
Für mich ist er nicht Heiland und Erlöser,
für mich ist er nicht mehr für mich und die Sünden der Welt gestorben
aber ich glaube ihm, seinem bedingungslos liebenden Gott.

Gott als Geist bekommt für mich Gestalt,
nicht als göttliche Person,
aber als göttliche Kraft,
als Geisteskraft, Geistesmacht,
als die Kraft der bedingungslose Liebe, die mich und die Welt beseelt.

Ich habe gedanklich den Gott meiner Jugend beiseite geschoben
Und ich betrachte die leere Stelle:

Mein Gott ist klein geworden, so klein wie ich mich fühle als Mensch.
Er ist da, weil ich da bin
Er ist da, wenn ich alle meine Vorstellungen und Bilder, wie Gott zu sein hat, loslasse.
Er ist da, wenn ich schweige und rede.
Er ist da, wenn ich an ihn denke und noch mehr, wenn ich nicht an ihn denke.
Er ist da, selbst wenn ich ihn nicht brauche, ja, gerade dann.
Gott wohnt in meinem Herzen,
in den Herzen aller Menschen und Geschöpfe.
Und alles, was ich weiss und wissen will von meinem Gott:
Gott ist mir gut gesonnen.

Gott braucht mich nicht!

Gott braucht mich nicht.
Ein Gott, der es nötig hat,
dass ich zu ihm bete und ihn daran erinnere, was in seinem Namen alles geschehen möge,
ist nicht nötig.
Gott braucht mich nicht.

Ein Gott, der immer dann zur Stelle ist, wenn Not ist,
wenn ich von ihm Hilfe brauche,
ist nicht notwendig.
Gott braucht mich nicht.

Einen Gott, den ich – wie auch immer – brauche,
brauche ich nicht.
Gott braucht auch mich nicht.

Einen solchen Gott, den wir brauchen und gebrauchen,
brauche ich nicht,
brauchen wir nicht,
braucht es nicht.

Anders ein Gott,
der in uns ist,
der die Liebe in uns ist und in uns wirkt,
den braucht es wirklich,
den brauchen wir,
den brauche ich.
Der Gott in mir braucht mich,
damit die Liebe Hand und Fuß hat.

Alles ist hinterfragbar!

Alles ist hinterfragbar!

Die Autorität von Kirchenoberen – hinterfragbar
Die Autorität von Machthabern – hinterfragbar
Macht,
ganz gleich von vom an wen auch immer verliehen –
hinterfragbar
Alles ist hinterfragbar,
selbst Gott will da keine Ausnahme sein.
So gibt es keine Heiligen Schriften, die dir sagen: Bis hierher und nicht weiter.
Keinen Gott, der dir sagen darf: Weiter darfst du nicht fragen!
Alles ist hinterfragbar!

Wenn du dann soweit bist, dass für dich Gott und Mensch hinterfragbar sind,
sei so gut, mache nicht bei irgendeinem Gott und Mensch Halt,
unterwirf dich nicht freiwillig irgendjemandem oder irgendwas
unhinterfragbar.