Monatsarchiv: September 2012

Wer bin ich?

Wer bin ich?

Bin ich, wenn ich etwas gestalte?
Ich sage etwas, ich entscheide mich oder nicht.
Ich denke, ich handle oder nicht.
Aber ich weiß letztlich nicht,
warum ich etwas sage, warum ich mich so entscheide oder nicht.
Ich weiß letztlich nicht, wie ich auf den Gedanken komme,
warum ich handle oder auch nicht.

Wer bin ich?
Ein flüchtiges Blatt im Wind.

Wer bin ich?
Bin ich, wenn ich mich fühle?
Nicht ich bestimme meine Gefühle,
sie bestimmen mich und lachen über meine Meinung, Herr meiner Gefühle zu sein.
Wer bin ich?
Ein flüchtiges Blatt im Wind.

Wer bin ich?
Nicht einmal im Erinnern bin ich meiner sicher.
Mein Leben ist ein ständiger Kampf gegen Vergessen
Ab und zu erhasche ich mein ich wie ein Blatt im Wind
Und irgendwann wird mein kleines ich vergessen sein.

Gott sei Dank, ich lebe!

Ich schlage die Zeitung auf
und lese von einem Pfarrer,
der vor dem Altar einer Hochzeitsgesellschaft umgefallen
und am Herzinfarkt gestorben ist.
Vor vier Jahren hätte es ähnlich passieren können:
Am Altar einer Konfirmationsgemeinde Herztod eines Pfarrers.
Ich weiß nicht, warum ich damals so glimpflich davon gekommen bin.
Ich bin einfach nur dankbar, noch am Leben zu sein.
Gott sei Dank, ich lebe!

Mehrwert des Lebens

Eine Suppe,
ein Bett zum Schlafen,
im Moment keine körperlichen Schmerzen,
das ist schon was,
sagt Fontane.
Ich sage mir,
sei zufrieden mit dem was du hast und bist,
du isst mehr als nur eine Suppe.
Dir hat es noch nie an einem warmen Bett gefehlt,
und Schmerzen und Krankheit gab es in deinem Leben bisher nur ab und zu.
Was willst du mehr?
Vielleicht Menschen, die mich schätzen und lieben,
vielleicht einen Gott, der es wert ist, dass man ihn glaubt,
vielleicht ein Leben, das es wert ist, zu leben.
D a s ist mehr, als ich erwarten kann.
D a s ist nichts, was ich einklagen kann.
D a s ist ein Geschenk.
D a s ist schon was!
Mehrwert des Lebens

Lichtgestalt

Aus dem Licht Gottes gekommen,
darf und soll ich
in die Dunkelheit dieser Welt
Licht bringen
in den Häusern
in die Kirchen
in die Herzen der Menschen.

Manchmal laufe ich Gefahr,
aus den Augen zu verlieren,
woher ich komme,
flattere ängstlich
wie ein kleiner Vogel
in der Nacht,
verfliege mich und lande dort, wo ich nicht landen sollte.

Aber selbst da
bringe ich Licht
in die dunkelsten Ecken der Welt,
selbst wenn mein Gefieder dabei schmutzig wird,
Lichtgestalt Gottes,
das bin ich.

Was keiner mir wünscht, das wünsch ich mir von Gott

Was keiner mir wünscht,

was aber ich mir von meinem Gott zum meinem Fünfzigsten wünsche:

Möge Gott mich frei machen

von allen inneren und äußeren Zwängen, von allem, was man so tut, man so muss oder soll.

Möge Gott mich frei halten von den Erwartungen  meiner Gemeindeglieder, was man als Pfarrer tut, was gut wäre, wenn ich als Pfarrer…

Möge Gott mir Gelassenheit schenken,

wenn ein lobendes Wort fehlt,

dafür ein kritisches Wort zuviel,

soll mich das nicht beirren oder verwirren.

Wenn ich Ablehnung erfahre,  soll mich das nicht lähmen.

Möge Gott mir jeden Tag ein fröhliches Herz schenken,

wenigstens einmal am Tag Grund zum Lachen,

und  die Freiheit, mich und andere nicht zu ernst zu nehmen, auch über mich und die anderen lachen zu können.

Möge Gott mir immer genügend Ruhe und Schlaf schenken,

in meiner Arbeit als Pfarrer darf es auch genügend Herausforderungen geben, nicht zuviel, nicht zu wenig,  zündende Ideen, angenehme Überraschungen, Lust und Liebe gebe er mir so nebenbei.

Möge Gott mir auch immer wieder den Abstand zu ihm geben, dass ich nicht von ihm erdrückt werde, dass ich auch als Mensch leben kann, nicht ständig an ihn und meine Pflichten denken muss, sondern auch einfach nur lebe und liebe.